Kinder blicken auf 150 Millionen Jahre Erdgeschichte

Bereits zum sechsten Mal fand das dreitägige Sommerprojekt „Ferien im Jurameer“ statt. Dieses Jahr führte die Entdeckertour 24 Kinder zu den höchsten Erhebungen der Schwäbischen Alb: vom Lochenstein und Schafberg bis zum Plettenberg. Auf der Gipfeltour lernten die jungen Forscher viele Gesteine, Tiere und Pflanzen des Weißen Juras kennen. 

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    Kind mit Fossil
    Kind mit Fossil
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    Kinder mit Steinbruchmitarbeiter Franz Laux im Gespräch (Plettenberg)
    Kinder mit Steinbruchmitarbeiter Franz Laux im Gespräch (Plettenberg)
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    Die Kinder mit Veranstaltungsteam vor dem Lochenstein
    Die Kinder mit Veranstaltungsteam vor dem Lochenstein

Kinder sind begeisterte Sammler. Davon konnte man sich beim Ferienangebot der Sparkassenstiftung Umwelt+Natur und des Fossilienmuseums der Holcim (Süddeutschland) GmbH überzeugen. An drei Tagen lernten die jungen Forscher das dunkle Gestein des Ölschiefers, dessen Abbau und Nutzung sowie den großen, aktiven Steinbruch des Weißen Juras auf dem Plettenberg kennen. Begleitet wurde die Gruppe im Alter zwischen acht und 13 Jahren von den Geowissenschaftlern Dr. Annette Schmid-Röhl und Janina Wypich, von der Leiterin der Sparkassenstiftung Umwelt+Natur Alexandra Kischkel-Bahlo und dem Stiftungsökologen Hannes Schurr.

Bevor die entdeckungsfreudigen Kinder am letzten Exkursionstag zur kilometerlangen Wanderung aufbrechen, ist es erst einmal Zeit, die herrliche Landschaft rund um den Lochen zu genießen: Schroffe Kalkfelsen, duftende Wacholderheiden, über denen zahlreiche Schmetterlinge gaukeln. Der blaue Himmel mit den einzelnen Wolkenhaufen ist aber keine Selbstverständlichkeit.  Denn die bereits für den Vortag geplante Exkursion musste wegen Starkregen mit Gewittern verlegt werden. Museumsleiterin Schmid-Röhl nimmt es locker: „Diese Outdoor-Veranstaltung erfordert Trittsicherheit und gute Sichtweite, deshalb war die Verschiebung notwendig“. Und die Wetterprognose sollte der erfahrenen Geologin Recht geben. 

Zuerst geht es über Magerrasenwiesen vorbei an duftendem Thymian und Schafgarbe hinauf zum Aussichtspunkt „Gespaltener Fels“ am Schafberg. Dort erklärt Paläontologin Schmid-Röhl die fortschreitende Erosion des Albtraufs. Die Kinder sind beeindruckt. Es bietet sich ein weiter Blick hinaus ins Albvorland auf über 150 Millionen Jahre Erdgeschichte. Doch große Vorsicht ist bei jedem Schritt geboten. Deshalb gehen die Kinder an den besonders ausgesetzten Felsabbrüchen des Albtraufs im Gänsemarsch. Am Schafbergsattel gibt es neben einer kleinen Raststelle auch einen verwitterten Grenzstein zu bestaunen. „Vermutlich wurde diese Grenzmarkierung bei Forstarbeiten aus der Verankerung gerissen“, meint Stiftungsökologe Hannes Schurr. Der Weg wird steiler. Der rutschige, nasse Boden verlangt viel Aufmerksamkeit.

Dann ist die Hochfläche des Plettenbergs erreicht. Die jungen Exkursionsteilnehmer stehen auf der neuen Aussichtsplattform, die mehrere Meter über dem Kalkbruch thront. „Hier sieht es aus wie auf dem Mond“, beschreibt treffend ein elfjähriger Junge die karge Abbaufläche des Steinbruchs. Dann geht es mit einer Ausnahmegenehmigung und Sicherheitsausrüstung in den aktiven Steinbruch. Die neunjährige Mia zeigt plötzlich auf einen Stein. „Da bewegt sich ein Tier“, ruft das blonde Mädchen und zeigt auf eine kleine Kreuzkröte. „Diese Krötenart ist häufig in Steinbrüchen zu finden, denn sie benötigt warme, vegetationsfreie Flächen“, freut sich Hannes Schurr. Viele Kinder sind jetzt mit der Suche nach Fossilien beschäftigt. „Warum gibt es hier so viele Versteinerungen?“, will der zehnjährige Marco von Janina Wypich wissen. Die Geowissenschaftlerin zeigt auf einen kleinen Ammoniten. „Dieser Kopffüßer hat vor über 150 Millionen Jahre in einer subtropischen Meereslandschaft gelebt. Als diese Tiere starben, sanken sie auf den Meeresgrund, wurden durch den Schlamm luftdicht verschlossen und durch die auflagernden Kalkschichten zusammengepresst.“ Viele Versteinerungen wie Tintenfische, Seeigel und Schwämme werden mit lehmverschmierten Händen dem Veranstaltungsteam zur Bestimmung entgegengestreckt. Dann ist es Zeit, die unwirtliche Landschaft zu verlassen. Denn ein letzter Exkursionshöhepunkt wartet noch auf die Kinder: Die Sprengung einer Felswand durch Mitarbeiter des Steinbruchs. Während die Kinder bereits auf der sicheren Aussichtsplattform stehen und gebannt auf die Abbruchwand starren, ertönt ein erstes Hornsignal. Doch erst dem zweiten Signalton folgt ein plötzliches Donnergrollen, dann steigt Staub auf und mit einem Mal brechen tausende Kubikmeter Gestein in die Tiefe. 

Was für die jungen Fossiliensucher bei der Exkursion so faszinierend ist, erklärt Alexandra Kischkel-Bahlo: „Kinder sind begeisterte Sammler und machen auf unseren Ausflügen interessante Entdeckungen und erleben immer wieder tolle Überraschungen. Die Sprengung im Steinbruch war für viele Kinder bestimmt ein unvergessliches Erlebnis“.